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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 666 mal aufgerufen
 picpicTalkcafe
donia22 Offline

genannt Fallusa


Beiträge: 314

18.05.2005 10:22
Murat Kurnaz aus Bremen Antworten

„Gott sei Dank geht es mir gut, aber nur Gott der Schöpfer weiß, wann ich zurückkomme“ (aus der letzten Postkarte von Murat Kurnaz, die seine Familie erhalten hat, Mai 2002)


Murat Kurnaz wurde 1982 in Bremen geboren. Seine Eltern Rabiye und Metin Kurnaz kamen in den 70er Jahren als so genannte „Gastarbeiter“ nach Deutschland. Murat Kurnaz ging in Bremen zur Schule, interessierte sich für Sport, spielte Keyboard und Gitarre in einer Band, besuchte die türkische Moschee vor Ort und erhielt eine Ausbildung zum Schiffbauer. Seine Mutter beschreibt ihn als „hilfsbereiten, gutgläubigen und aufrichtigen Menschen, der andere stets mit Respekt behandelte“. Im Juli 2001 heiratete er seine Verlobte in der Türkei; sie planten sich im Dezember gemeinsam in Deutschland niederzulassen.
Um diese Zeit entwickelte sich Murat Kurnaz zu einem streng gläubigen Muslim. Im Oktober 2001 brach Murat Kurnaz nach Pakistan auf. Nach Aussage seiner Mutter wollte er dorthin fahren, „um den Koran kennen zu lernen und nach ihm zu leben“. Nach seiner Ankunft in Pakistan reiste Murat Kurnaz von einer Madrassa (Koranschule) zur nächsten.

Ende November 2001 nahmen ihn pakistanische Behörden bei einer Routinekontrolle fest. Wenig später übergaben sie Kurnaz den US-Behörden in Afghanistan. Rabiye Kurnaz erhielt eine Postkarte von ihrem Sohn, in der er schrieb, dass er in einem Gefangenenlager in Afghanistan sei. Er wurde mit anderen Gefangenen in einem umzäunten Pferch im Freien gefangen gehalten und zehn Tagelang gezwungen, im afghanischen Winter nichts als kurze Hosen zu tragen. Die nächste Postkarte kam im Januar 2002 von dem US-Marinestützpunkt Guantánamo auf Kuba. Murat wurde als „feindlicher Kämpfer“ eingestuft. Seitdem wird er dort ohne Anklage oder Verfahren praktisch ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten.

Unschuldig in Haft

„Wir konnten nichts nachweisen“, sagt Uwe Picard, Staatsanwalt aus Bremen, zur Überprüfung von Murat Kurnaz’ angeblichen Verbindungen zum Terrorismus. Deutsche Ermittlungsbeamte bezweifeln, dass Murat Kurnaz an illegalen Aktivitäten beteiligt war.

"Seit über zwei Jahren bete ich für ein Zeichen, dass mein Sohn noch am Leben ist, dass er gerecht behandelt wird, dass er nicht gefoltert wird und dass man ihm seine Würde lässt, während er alleine in einer Zelle in Guantánamo sitzt.“ (Rabiye Kurnaz)
Die letzte Karte, die seine Mutter erhielt, ist vom Mai 2002. Nach Aussage von entlassenen Häftlingen ist der Briefwechsel in Guantánamo zensiert und nur eingeschränkt möglich; Briefe werden oft einbehalten, wenn die Häftlinge nicht mit den US-Vernehmungsbeamten „kooperieren“. In seinen Postkarten schrieb Murat Kurnaz nur kurz über seine gesundheitliche Verfassung und nichts darüber, ob er die Briefe von seiner Familie bekommen habe.

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA im Juni 2004, wonach das Gefangenenlager in Guantánamo unter die Gerichtsbarkeit der US-Bundesgerichte fällt, stellte die Bürgerrechtsorganisation „Center of Constitutional Rights“ im Namen von Murat Kurnaz im Juli 2004 einen Antrag zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung (Habeas-Corpus-Petition) an ein US-Bezirksgericht.

Daraufhin erlaubte das US-Militär im Oktober 2004 dem New Yorker Anwalt Prof. Baher Azmy, mit Murat Kurnaz zu sprechen. Von ihm erfuhr Murat Kurnaz das erste Mal, dass Guantánamo der internationalen Öffentlichkeit ein Begriff ist und sich Menschen auch für ihn einsetzen.

Schikaniert, gedemütigt, gefoltert

Kurnaz berichtete von Folter und grausamer Behandlung, der er nach seiner Festnahme in Afghanistan und während seiner Haft in Guantánamo ausgesetzt war. Unter anderem sei er in Afghanistan mit Elektroschocks gefoltert und sein Kopf in einen Eimer mit kaltem Wasser getaucht worden. Ein anderes Mal habe ihm ein Offizier ein geladenes Gewehr an die Schläfe gesetzt und gedroht ihn zu erschießen, wenn er nicht kooperiere. Auf Guantánamo sei er nach einem Verhör, in dem er sexuell gedemütigt worden war, geschlagen und anschließend isoliert worden. Das Wachpersonal habe ihn mit den Händen auf dem Rücken für etwa 20 Stunden am Boden festgekettet. Als er immer noch nicht kooperieren wollte, habe man ihm sechs Tage lang das Essen verweigert. Bei einer anderen Gelegenheit bekam er elf Tage lang nichts zu essen.

Murat Kurnaz’ Bericht ist äußerst erschreckend und glaubwürdig. Die beschriebenen entwürdigenden und grausamen Verhörtechniken sind aus anderen Schilderungen, von denen Kurnaz nichts wissen kann, bekannt.
Am 31. Januar 2005 veröffentlicht die Bundesrichterin Green ihre Entscheidung in dem Sammelverfahren um die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung von Kurnaz und über 50 weiteren GuantánamoHäftlingen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Inhaftierungen die Genfer Konvention und die US-Verfassung verletzten. Im Fall von Murat Kurnaz stellt sie darüber hinaus fest, es gebe keine Beweise, dass Kurnaz „selber ein Selbstmordattentat plante, den bewaffneten Kampf gegen die Vereinigten Staaten aufnehmen wollte oder sonst wie beabsichtigte, amerikanische Interessen anzugreifen.“ Bei der Entscheidung eines Militärtribunals (das „Combat Status Review Tribunal“) ihn als „feindlichen Kämpfer“ einzustufen, seien darüber hinaus entlastende Beweismittel nicht berücksichtigt worden.

Auch ein inzwischen freigegebenes vertrauliches Dokument des Militärischen Geheimdienstes CITF („Command Information Task Force“) stellt fest: „CITF hat keine schlüssigen Hinweise, wonach der Häftling eine Verbindung mit Al Qaida hätte oder irgendeine spezifische Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstellen würde.“

Bisher führte die Entscheidung der Richterin Green aber nicht zur Freilassung von Kurnaz. Die US-Regierung hat beim nächsthöheren Gericht Berufung gegen ihre Entscheidung eingelegt.

Zu dem rechtlichen Schwebezustand von Murat Kurnaz in US-Haft kommen weitere Probleme auf Grund seiner Staatsangehörigkeit. Geboren, aufgewachsen und wohnhaft in Bremen, ist er zwar kein deutscher Staatsangehöriger, hatte aber eine unbefristete Aufenhaltsberechtigung.


Rechtlos, heimatlos

Außenminister Joschka Fischer schrieb der Familie, dass er keine Möglichkeit habe, sich auf diplomatischer Ebene für Murat Kurnaz einzusetzen, da er kein deutscher Staatsangehöriger sei. Die US-Behörden betrachten den Status der Gefangenen in Guantánamo als bilaterale diplomatische Angelegenheit zwischen ihnen und der jeweiligen nationalen Regierung der Häftlinge. Für die türkische Regierung ist Kurnaz jedoch ein „Deutsch-Türke“. Erst nach dem intensiven Einsatz von Rabiye Kurnaz gelangte die türkische Regierung zu der Einsicht, dass sie für ihn zuständig ist. Bisher zeigt sie aber nur wenig Interesse, die US-Regierung im Fall Murat Kurnaz unter Druck zu setzen.

Im August 2004 erklärte der Bremer Innensenator Thomas Röwekamp die unbefristete Aufenthalterlaubnis von Murat Kurnaz für erloschen. Die haarsträubende Begründung: Er habe sich länger als sechs Monate außerhalb Deutschlands aufgehalten und die vom Gesetz vorgeschriebene Fristverlängerung nicht beantragt. Dass Kurnaz von Guantánamo aus keine Anträge nach Bremen schicken konnte, ignorierte der Innensenator. Röwekamp sagte außerdem, „wenn [Murat Kurnaz] derzeit an einem deutschen Flughafen mit seinem Reisepass einreisen wollte, würde ihm die Einreise verweigert.“

Seit Januar 2005 ist in Deutschland ein neues Zuwanderungsgesetz in Kraft, das die Möglichkeit der Einreise für Personen, die verdächtigt werden, dem „Terrorismus“ nahe zu stehen, einschränkt. Sollte Murat Kurnaz aus Guantánamo entlassen werden und nach Deutschland reisen, würde er in die Türkei abgeschoben.

Möglicherweise könnte er nie wieder in sein Geburtsland Deutschland und zu seiner Familie zurückzukehren.

In einem Schreiben an Innensenator Röwekamp bringt die Generalsekretärin von ai-Deutschland, Barbara Lochbihler ihre Bestürzung darüber zum Ausdruck, „dass die Ihnen unterstehende Bremer Ausländerbehörde auf dem Standpunkt beharrt, Murat Kurnaz habe durch seine Inhaftierung in Guantánamo seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verloren. (...) Dass für Murat Kurnaz jetzt seine Inhaftierung ohne Anklage zu ausländerrechtlichen Nachteilen in Deutschland führen soll, kommt eine Legitimierung der unrechtmäßigen Haft in Guantánamo gleich.“

Quelle: http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/windexde/KA2005018


viele Menschen hinterlassen Spuren-
nur wenige hinterlassen Eindrücke

Clayton Offline




Beiträge: 125

21.05.2005 20:46
#2 RE:Murat Kurnaz aus Bremen Antworten

Du es gibt bei amnesty international auch Storys über Tunesien,ich denke die würden auch sehr die Leute ansprechen für ein Talk.

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